26. Blog – Morgengedanken eines Jubilars – am Ende geht’s immer gut aus
Vor 60 Jahren Abitur an einem humanistischen Gymnasium. Werte und Ideale der Humanität – der Menschlichkeit sind geblieben. Freude schöner Götterfunke – Frieden nach der Flucht – Freiheit von Angst und Not.
Bin jetzt noch traumatisiert, wenn ich daran denke wegen Latein und Griechisch durchgefallen zu sein. Habe noch die Warnung meines Vaters im Ohr – wenn du durchfällst, gehst du Steine klopfen. Aus wäre es dann mit dem schönen Götterfunken gewesen. Aber ich hätte schon einen neuen Frieden gefunden und mir die Freiheit erkämpft. Das Jahr Bundeswehr hat mich Werte wie Frieden und Freiheit in einem neuen realistischen Licht sehen lassen.
Dann also auf zum Studium der Germanistik und des Sports. Zuerst der Sport – zwei Jahre Training, um die schwierige Aufnahmeprüfung an der Sporthochschule Grünwald glorreich zu bestehen – in der Schlussbesprechung mit dem ärztlichen Direktor die Ent-Illusionierung. Mit einem operierten Meniskus studiert man nicht Sport. Zuerst total enttäuscht, studiere ich Wirtschaftswissenschaften. Jetzt heilfroh. Mein ehrgeiziges Drehbuch hatte noch weitere Sportverletzungen für mich vorgesehen. Weil alles erneut sich begibt – dieses Gedicht von Werner Bergengruen (Gestern fuhr ich Fische fangen… Arche Verlag, Seite 55) begleitet mein Skript über die Jahre hinweg. Gott sei Dank hat es ein gutes Ende vorgesehen. Am Ende geht‘s immer gut aus.
Kämpfe mich rechtschaffen durchs Studium, mache viel zu viele Prüfungen und am Ende geht‘s wirklich gut aus. Promoviere mit magna cum laude. Meine erste Hörgeldprüfung 1960 und die letzte mündliche Prüfung des Rigorosums 1969 hält der Volkswirt Professor Mahr. Gebe ein nicht zu gutes Bild ab bei beiden Prüfungen, deren Ablauf und Fragen ich noch jetzt in allen Einzelheiten erinnere. Aber mein Drehbuch sieht vor: am Ende geht‘s immer gut aus.
Zuerst wollte ich in der Doktorarbeit die Unmöglichkeit der Gewinnmaximierung behandeln. Weiche dann mehr in die Anthropologie, Psychologie und Wirtschaftspädagogik ab. Finde dann, nachdem die Dissertation schon als UTB Taschenbuch veröffentlicht war, erst nach einigen Jahren den passenden Titel: „Wie Menschenbilder Personen und Unternehmen verändern“. Das Thema begleitet mich nun seit 50 Jahren mit Variationen in meinem Beruf als Berater systemischer Organisationsentwicklung, als Gruppendynamiker und als Familientherapeut.
Gestern weckt mich Jana mit einem Anruf aus tiefer Meditation. Sie hält gerade zusammen mit Ralf unser neues Trendseminar. Thema: Digitalisierung und was es für Führungskräfte im neuen Trend für Leadership bedeutet. Aus der Perspektive eines fast 80-jährigen: mich hält es jung, die Vorteile und Nachteile des Smartphones und des Computers zu genießen. Ich schreibe gerade diese Zeilen, indem ich sie auf den Laptop diktiere. Ich kann täglich mit meinen Kindern und Enkeln im fernen England Gesichts- und Gesprächskontakt pflegen ohne die anstrengende Reise auf mich nehmen zu müssen. Der Nachteil: ich muss mir immer von meinen jungen Mitarbeitern – sogenannten Digital Natives – helfen lassen, wenn ich mal wieder keine Geduld habe, komplexe Technik zu durchschauen. Komme mir dann oft wie ein dummer Junge vor. Hält aber jung und bietet immer wieder interessante Überraschungen. Schön so – am Ende geht‘s bei mir halt immer wieder gut aus.