37. Blog –

Das Arzt-Patientenverhältnis – eine Herausforderung!

Ich hatte in den letzten 3 Monaten die Möglichkeit, in Selbsterfahrung, sprich am eigenen Leibe mehrere Krankenhäuser kennen zu lernen, geniale Operateure, überaus freundliche und fürsorgliche Krankenschwestern und Betreuer und Dank Corona zwanghaft ergebenes Verwaltungspersonal. Als passionierter Organisationsentwickler war ich natürlich voll damit beschäftigt, mit Körper und Geist wahrzunehmen und zu reflektieren, was gerade mit mir in diesen unterschiedlichen Organisationen geschah.

© Martin Rosenkranz

Menschen gehen ins Krankenhaus, um gesund zu werden. Gesundheit bedeutet Wohlgefühl und Schmerzfreiheit für die ganze Person. Das hohe Ziel an Leib und Seele gesund zu sein und zu werden, wieder mehr Harmonie und Ganzheit von Verstand und Gefühl zu erreichen, ist, so unterstelle ich, unser aller Lebensplan. Bei einem stationären Krankenhausaufenthalt liegt der Schwerpunkt natürlich nur auf einem spezifischen Bereich der medizinischen Versorgung. Und das ist natürlich gut so. Das gesundheitliche Prinzip der Organisationsentwicklung – die Ganzheit – kann nur wenn es gut geht am Rande mit berücksichtigt werden. Ganzheitliches Fühlen, Denken und Handeln ist also von vornherein in so einem System eine Illusion und ganz besonders in einem Krankenhaus nicht brauchbar – wirklich?

Ich kenne einen vortrefflichen Arzt der ist anders. Zu ihm gehe ich regelmäßig vor meinen Veranstaltungen. Er scheut sich nicht, nachdem er meine Ohren behandelt hat, sich für meine ramponierten Kniee, meinen Magen und Darm und welche Folgen der unachtsamen Gebrauch eines Smartphones hat, zu interessieren. Diese nebenbei Gespräche waren wichtige Impulse für meine Gesundheit. Ich habe sie dankbar genutzt.

Normalerweise genügt es dem Chefarzt einer Spezialklinik, hoch professionell Tumore zu entfernen. Wie dieses Wirken die Seele, den Angst – und Sorgenlevel und das Wohlbefinden des Patienten beeinflusst, überläßt er wie ich es erlebt habe, aus welchen Gründen auch immer seinen Assistenzärzten.

Die These, dass einige Minuten eines guten Gespräches von Person zu Person, von Operateur zum Patienten den Heilprozess akzelerieren könnte, wird unterstützt von R. O. Becker (1994 S. 136), der von 2 Chirurgen berichtet, die an der gleichen Klinik tätig waren.
Der eine hatte den Ruf und die Fähigkeiten eines Wunderarztes. „Bei seinen Patienten traten aber regelmäßig mehr postoperative Komplikationen auf als bei den Patienten der anderen Chirurgen.“ An diesem Krankenhaus war auch ein anderer Chirurg tätig, der die gleichen Operationsverfahren beherrschte aber etwas langsamer operierte und deswegen nicht den Ruf des virtuosen Technikers hatte. Der virtuose Chirurg sprach nie mit seinen Patienten und überließ es seinen Assistenten, die Fragen der Patienten zu beantworten. Der andere Chirurg dagegen nahm sich ausgiebig Zeit, mit den Patienten zu sprechen und ihnen Rede und Antwort zu stehen und ihnen in allen Einzelheiten zu erklären, was er vorhatte. „Bei ihm gab es nur halb so viele postoperative Komplikationen wie bei seinem Kollegen.“
Selbst nur die kurze Bemerkung im Vorübergehen, dass ihm eine kleine Meisterleistung mit dieser Operation gelungen sei, hat bei mir große Hoffnung hervorgerufen. Lieber wäre es mir natürlich gewesen, wenn sich der Operateur auch noch die  Zeit genommen  hätte, auf einige Einzelheiten einzugehen, wie ihm dieser große Wurf gelungen sei. Ich hätte dann auch noch bei der Visite die Gelegenheit gehabt, mich bei ihm ausführlich face to face zu bedanken. Was  ich dann schriftlich nachgeholt habe als ich merkte, dass er nicht zuviel versprochen hatte. Ich bin überzeugt davon, dass so ein persönliches Gespräch meinen Heilprozess noch mehr gefördert hätte.
Natürlich lässt der ökonomische Part des Gesundheitssystems diese Idealvorstellung der ganzheitlichen Betreuung – Körper Seele Geist – nicht zu.
Doch auch ein hoch spezialisiertes Haus für Kranke kann durch ganzheitlich emotionale Rituale zu einer noch besseren Heilstätte und zu einer wirklich heilenden Organisation für seine Klienten werden.

Deswegen empfehle ich allen Ärzten, die ihren Heilungsauftrag ernst und differenziert  nehmen und die bereit sind, nicht nur auf der kunstvollen Handwerks – und Kopfebene tätig zu sein, ihr soziales Verhaltens – und Kommunikationsrepertoire im Umgang mit Patienten zu überprüfen und zu qualifizieren.

Hoffnung macht die Erfahrung mit einer jungen Ärztin Dr. U. Gruber, die vor Jahren an unserem Institut ein Studium zum Prozessberater in Organisationsentwicklung für Kliniken absolviert hatte. Die Projektarbeit, mit der sie das Studium abschloss und deren praktischen Umsetzung an der Münchner Klinik Großhadern wurde mit einem Preis einer deutschen Gesundheitsorganisation ausgezeichnet. Was für Ursula Gruber gut war, könnte auch für andere Ärzte und Krankenhausmanager recht sein. So steht mein Entschluss fest, im nächsten Jahr wenn Corona bewältigt ist, spezielle Studiengänge in Organisationsentwicklung und Prozesscoaching für Ärzte und Klinikpersonal anzubieten.

An diesem Projekt Interessierte lade ich zu einem kostenlosen Schnuppertag, am 23. April 2021 ein, an dem wir die Ziele und Chancen dieses Studiums erläutern.